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Lohngleichheit in der Arbeitnehmerüberlassung

Arbeitnehmerüberlassung berührt gravierende Besonderheiten bei der Pflicht des Arbeitgebers zur Vergütung der Leiharbeitnehmer – Beachtliche Änderungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes im Zuge der „Hartz-Gesetze“ seit dem 01.01.2004

1. Wesentlicher Inhalt der gesetzlichen Änderungen zum Arbeitnehmerüberlassungsgesetz zum 01.01.2003 bzw. 01.01.2004

Das erste und zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (sog. Hartz-Gesetze) sind in aller Munde und am 01.01.2003 weitgehend in Kraft getreten. Eine überaus praxisrelevante Facette der gesetzlichen Neuregelungen stellt die Reform des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes dar. Der Kern der gesetzlichen Neuerungen liegt in der nunmehr zur Geltung kommenden Konzeption, wonach dem zu verleihenden Arbeitnehmer durch den Verleiher im Falle der tatsächlichen Beschäftigung in einem Entleiherbetrieb „gleicher Lohn bei gleicher Arbeit“ gezahlt werden muss. Dieses Gebot ist im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz neuer Fassung mehrfach gesichert.

So ist dem Verleiher die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung oder die Verlängerung derselben zu versagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Verleiher dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher die im Betrieb dieses Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts nicht gewährt. Bedeutsame arbeitsrechtliche Konsequenzen des Verstoßes gegen diese Vorgaben finden sich in § 9 Nr. 2 AÜG. Hiernach sind Vereinbarungen arbeitsrechtlich unwirksam, die für den Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an einen Entleiher schlechtere als die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts vorsehen.

Um den Lohngleichheitsgrundsatz durchzusetzen, kann der vom Lohngleichheitsgrundsatzprinzip begünstigte Leiharbeitnehmer im Falle der Unwirksamkeit der Vereinbarung über die Arbeitsbedingungen vom Verleiher die Leistungen verlangen, die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer gelten (§ 10 Abs. 4 AÜG neuer Fassung). Dabei muss sich der Entleiher vor Augen führen, dass er gegenüber dem Verleiher verpflichtet ist, die betreffenden Informationen über die üblichen Arbeitsbedingungen im Betrieb im schriftlichen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zu geben. Das Gesetz formuliert insoweit streng einzuhaltende Formalien. Die Pflicht des Verleihers zur Zahlung desjenigen Entgelts an den Leiharbeitnehmer, welches im Betrieb des Entleihers für vergleichbare Arbeitnehmer üblich ist, entfällt aber unter 2 Voraussetzungen:

  • a) Der Verleiher zahlt dem zuvor arbeitslosen Leiharbeitnehmer für die Überlassung an einen Entleiher für die Dauer von insgesamt höchsten 6 Wochen mindestens ein Nettoarbeitsentgelt in Höhe des Betrages, den der Leiharbeitnehmer zuletzt als Arbeitslosengeld erhalten hat;
  • b) Ein Tarifvertrag lässt vom AÜG abweichende Regelungen zu.

Neben der Lohngleichheitsregelung hat sich der Gesetzgeber dazu durchgerungen, eine Reihe von Restriktionen im Arbeitnehmerüberlassungsgesetz in Wegfall geraten zu lassen. Hierbei handelt es sich im Wesentlichen um solche, welche das Verhältnis Verleiher-Arbeitnehmer betreffen. Zu nennen sind das Wiedereinstellungsverbot, das so genannte Synchronisationsverbot, das Verbot des Überschreitens der Überlassungshöchstdauer. Auch sozialversicherungsrechtliche Meldepflichten sind zu Gunsten des Entleihers in Wegfall geraten.

2. Zeitlicher Geltungsbereich der Gesetzesänderung

Nach Art. 6 § 4 des so genannten Hartz-Gesetzes treten die Neuerungen des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes ab dem 01.01.2003 ein. Wesentliche Änderungsvorschriften sollen jedoch nur auf Leiharbeitsverhältnisse Anwendung finden, die ab dem 01.01.2004 begründet werden. In § 19 S. 2 AÜG neuer Fassung ist dazu eine Rückausnahme normiert worden. Die verspätete Geltung bezieht sich nicht auf Leiharbeitsverhältnisse im Geltungsbereich eines nach dem 15.11.2002 in Kraft tretenden Tarifvertrages, der die wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgeltes regelt. Der Gesetzgeber wollte damit bewirken, dass den Tarifvertragsparteien eine Anpassungsfrist von einem Jahr eingeräumt wird. De facto treten die wesentlichen Änderungen damit erst zum 01.01.2004 in Kraft.

3. Auswirkungen der Gesetzesänderungen auf zu schließende Arbeitnehmerüberlassungsverträge

Um die Entlohnungsvorgaben des AÜG sicherzustellen, normiert das Gesetz weitgehende Pflichten für Verleiher und Entleiher bei Abschluss des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages. So hat der Entleiher in der Vertragsurkunde anzugeben, welche besonderen Merkmale die für den Leiharbeitnehmer vorgesehene Tätigkeit hat und welche berufliche Qualifikation dafür erforderlich ist sowie welche im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts gelten. Ausdrücklich ist im AÜG herausgestellt, dass diese Angaben in der Arbeitnehmerüberlassungsvertragsurkunde enthalten sein müssen. Insoweit sind strenge Formalien aufgestellt, als dass die Einheitlichkeit der Urkunde im Rechtssinne sicherzustellen ist.

Das Hauptaugenmerk dürfte auf der Frage der liegen, inwieweit die „im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts“ benannt werden müssen. Auch ist jeweils im Einzelfall zu klären, wie der Kreis der „vergleichbaren Arbeitnehmer“ abzustecken ist. Sonderprobleme werfen Fragestellungen bei freiwilligen Zusatzleistungen und bei der betrieblichen Altersversorgung auf.

Sowohl Verleiher als auch Entleiher dürften ein dringendes Interesse daran haben, vor Abschluss des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages Klarheit darüber zu haben, welches Entgelt der Verleiher im Falle der Überlassung von Arbeitskräften an den Entleiher an den jeweiligen Arbeitnehmer zu zahlen hat. Von der Höhe der zu zahlenden Vergütung hängt letztendlich auch die Höhe des zwischen Verleiher und Entleiher zu vereinbarenden Verrechnungssatzes ab.

Auch vor dem Hintergrund dieser Interessenlage haben Ver- und Entleiher zu prüfen, inwieweit von den festgelegten günstigen gesetzlichen Ausnahmetatbeständen zum Lohngleichheitsgrundsatz Gebrauch gemacht werden kann. Derlei Fragen sollten vor Abschluss eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages unter Inaugenscheinnahme der betrieblichen Gegebenheiten geklärt werden, um eine wirtschaftliche Arbeitnehmerüberlassungsregelung im Einklang mit dem Gesetz treffen zu können.