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Anordnung von Überstunden

Was ist bei der Anordnung und Entlohnung von Überstunden zu beachten?

1. Pflicht zur Leistung von Überstunden?

Überstunden stellen eine Ausnahme zur normalen Arbeitszeit dar und können nur in bestimmten Fällen angeordnet werden. Ohne eine ausdrückliche Regelung ist der Arbeitnehmer grundsätzlich nicht verpflichtet, Überstunden zu leisten. Der Arbeitsvertrag für sich berechtigt den Arbeitgeber nicht, den Arbeitnehmer zu Überstunden heranzuziehen. Ebenso ist das arbeitgeberseitige Weisungsrecht im Arbeitsverhältnis nicht ausreichend.

Eine entsprechende Ermächtigungsgrundlage lässt sich – soweit vorhanden – meist dem Tarifvertrag entnehmen. Zu beachten ist ferner, dass die Frage der Gestaltung der Arbeitszeit und Anordnung von Überstunden grundsätzlich der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegt (§ 87 Abs. 1 Nr. 3/10 BetrVG). Dieses Recht entfällt auch in Eilfällen unabhängig vom Anlass nicht. Auch ohne Vereinbarung eines arbeitgeberseitigen Anordnungsrechts von Überstunden können selbige im Einzelfall zulässig vom Arbeitnehmer verlangt werden.

Die Treuepflicht als arbeitsvertragliche Nebenpflicht begründet die Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Ableistung von Überstunden, wenn Notfälle oder sonstige außergewöhnliche Umstände gegeben sind, die der Arbeitgeber nicht vorhersehen konnte und die eine Gefahr für den Betrieb darstellen bzw. zu einem Schaden führen können, der nicht auf andere Weise zu beseitigen ist. Bei der Anordnung von Überstunden hat der Arbeitgeber die Grundsätze des billigen Ermessens gemäß § 315 BGB zu beachten, das heißt, die beiderseitigen Interessen der Arbeitsvertragsparteien sind gegeneinander abzuwägen und es ist ein angemessener Ausgleich herzustellen.

Das Heranziehen zur Mehrarbeit im Übermaß ist unzulässig. Verlangt der Arbeitgeber stets in unzumutbarem Maß die Ableistung von Überstunden, kann für den Arbeitnehmer allein daraus ein Recht zur fristlosen Kündigung resultieren. Der Arbeitgeber kann seinerseits die Ablehnung von zulässigen Überstunden mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen – Abmahnung oder Kündigung – ahnden.

2. Vergütung von Überstunden

Überstunden sind grundsätzlich zu vergüten. In Tarifverträgen und Arbeitsverträgen sind in der Regel differenzierte Vergütungsregelungen für Überstunden enthalten. Selbst wenn eine Vergütungsregelung nicht besteht, gilt gemäß § 612 Abs. 1 BGB eine Entlohnungspflicht für den Arbeitgeber. Die Höhe der Entlohnung bemisst sich grundsätzlich nach dem üblichen Stundenlohn bzw. anteiligen Monatslohn des jeweiligen Arbeitnehmers.
Vereinzelt sind auch Überstundenzuschläge zu zahlen.

3. Geltendmachung der Überstundenvergütung

Sollte der Arbeitgeber die Entlohnung der geleisteten Überstunden verweigern, ist die Möglichkeit eröffnet, die entsprechenden Ansprüche arbeitsgerichtlich durchzusetzen. Dabei ist darauf zu achten, dass der Arbeitnehmer im Prozess im einzelnen darlegen muss, an welchen Tagen und zu welcher Zeit er Überstunden geleistet und wer die Überstunden im einzelnen angeordnet hat. Insofern empfiehlt es sich, zeitnah Aufzeichnungen zu erstellen, aus denen die Ableistung von Überstunden ersichtlich ist. Auch sollte der Arbeitgeber aufgefordert werden, geleistete Überstunden zu bestätigen.

Entgeltansprüche sollten zeitnah geltend gemacht werden. Häufig enthalten Arbeits- oder Tarifverträge Regelungen zu Ausschlussfristen, binnen derer die Ansprüche geltend zu machen sind. Derartige Fristen sind teilweise sehr kurz. So ist z. B. eine Abkürzung der Frist zur Geltendmachung der Ansprüche auf eine Woche ist rechtlich zulässig und vereinzelt anzutreffen.