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Arbeitskampf (Streik) und Streikbruchprämie – Welche Grenzen hat der Arbeitgeber bei der Gewährung von Streikbruchprämien zu beachten?
Das Wirtschaftsleben wird von Tarifverhandlungen begleitet. Insbesondere größere Unternehmen werden davon regelmäßig erfasst. In vielen Fällen kommt es schon nach einigen Verhandlungsrunden zwischen den Tarifvertragsparteien zum Tarifabschluss. Denkbar sind Tarifverträge zwischen Gewerkschaft und einzelnen Arbeitgebern (Haustarifvertrag) und Tarifverträge zwischen Gewerkschaft und Arbeitgeberverbänden. Letztere erfassen regelmäßig eine Vielzahl von Arbeitgebern.
Bleiben die Verhandlungen erfolglos, ist das weite Feld des Arbeitskampfes eröffnet. In jüngerer Zeit besinnen sich viele Gewerkschaften darauf, ihren Forderungen durch die Einleitung von Arbeitskampfmaßnahmen Nachdruck zu verleihen. Regelmäßig findet sich der Warnstreik bzw. dessen Androhung sowie die Einleitung von Erzwingungsstreik und weitergehenden Maßnahmen.
Der Arbeitsgeber ist in einer solchen Situation nicht hilflos: Unter Beachtung von Grenzen kommen Aussperrung und andere Abwehrmaßnahmen in Betracht. Häufig unternimmt der Arbeitgeber Bemühungen, Arbeitnehmer von einer Streikteilnahme abzuhalten. Dies erfolgt regelmäßig durch das Versprechen von Sonderleistungen (Streikbruchprämie) für den Fall der Arbeitsaufnahme, insbesondere an betriebswichtigen Arbeitsplätzen. Zum Teil werden „Belohnungen“ für Arbeitsleistungen während eines ausgerufenen Streiks versprochen. Die Rechtsprechung zieht solchen Maßnahmen aber Grenzen:
1. Streikbruchprämie und Maßregelung
Die Rechtsprechung akzeptiert die Gewährung von Streikbruchprämien als arbeitgeberseitiges Mittel des Arbeitskampfes (BAG, Urteil vom 13.07.1993, Az.: 1 AZR 676/92). Naturgemäß sind diese Prämien auf einen eingeschränkten Arbeitnehmerkreis beschränkt. Einer weitergehenden sachlichen Rechtfertigung bedarf eine Streikbruchprämie während des Arbeitskampfes nicht. Der Arbeitgeber darf Arbeitnehmern zur Hinderung einer Streikteilnahme vor Arbeitskampfbeginn oder aber während eines ausgerufenen Arbeitskampfes Vorteile/Sonderleistungen für die Fortsetzung der Arbeit versprechen. Damit verfolgt er das Ziel, Einfluss auf das Kampfgeschehen zu nehmen. Dieses ist vom Arbeitskampfrecht des Arbeitgebers nach Art. 9 Abs. 3 GG gedeckt.
Anders verhält es sich hingegen bei nachträglich zugesagten Prämien. Denkbar sind Belohnungen an weiter arbeitende Arbeitnehmer in Form von Sonderzahlungen, Tankgutscheinen etc..
Derlei im Nachhinein zugesagte Prämien beeinflussen das Arbeitskampfgeschehen selbst nicht mehr. Die Rechtsprechung fordert daher einen sachlichen Grund für nachträgliche Streikbruchprämien an ausgewählte Arbeitnehmer, der die unterschiedliche Behandlung der Mitarbeiter rechtfertigen kann. Ein solcher kann nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts darin liegen, dass die Begünstigten während der Streikarbeit Belastungen zu ertragen hatten, die erheblich über das normale Maß der mit jeder Streikarbeit verbundenen Erschwerungen hinausgehen (BAG, Urteil vom 11.08.1992, Az.: 1 AZR 103/92).
Kann derartiges nicht festgestellt werden, bewertet die Rechtsprechung nachträgliche Streikbruchprämien nach § 612 a BGB als unzulässige Maßregelungen der am Arbeitskampf beteiligten Arbeitnehmer!
Dies hat gravierende Auswirkungen: Für den Fall einer unzulässigen Maßregelung sind Ansprüche nicht von der Prämie begünstigter Arbeitnehmer auf Zahlung derselben Prämie anzunehmen, das heißt auch Streikteilnehmer können im Nachhinein dieselbe Prämie für sich verlangen (BAG Urteil vom 17.09.1991, Az.: 1 AZR 26/91).
2. Tarifvertragliche Praxis
Im Anschluss an Arbeitskämpfe werden häufig tarifliche Maßregelungsverbote vereinbart. Diesen Vereinbarungen liegen regelmäßig mit Macht verfolgte Forderungen der Gewerkschaft zugrunde. Die Maßregelungsverbote haben häufig zum Inhalt, dass sich die Vertragsparteien verpflichten, Maßregelungen von Beschäftigten aus Anlass oder im Zusammenhang mit Arbeitskämpfen zu unterlassen oder rückgängig zu machen. Dies betrifft dann durchaus etwaige Leistungsversprechen, die nach Beendigung des Arbeitskampfes erfolgt sind.
3. Beteiligung des Betriebsrats
In Betrieben mit eingerichtetem Betriebsrat stellt sich die Frage, ob der Betriebsrat bei der Zahlung einer freiwilligen Prämie an „Streikbrecher“ ein Mitbestimmungsrecht hat.
Ein solches ergibt sich grundsätzlich aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Der Betriebsrat hat danach über die Verteilungsgrundsätze bei Sonderleistungen mitzubestimmen. Die Maßnahme bedarf seiner vorherigen Zustimmung. Eine Einschränkung von Mitbestimmungsrechten kommt lediglich im Arbeitskampf in Betracht. Nach § 74 BetrVG ist dem Betriebsrat jeglicher Arbeitskampf verboten. Die weit überwiegende Meinung in Literatur und Rechtsprechung geht davon aus, dass eine arbeitskampfkonforme Einschränkung der Mitbestimmungsrechte zu erfolgen hat. Soweit die Mitbestimmung geeignet ist, Einfluss auf die Verteilung der Kampfgewichte zu nehmen, soll die Mitbestimmung unterbleiben.
Bei nachträglich zu gewährenden Streikbruchprämien handelt es sich aber nicht mehr um Maßnahmen des Arbeitskampfes. Dementsprechend können hier Mitbestimmungsrechte grundsätzlich auch nicht ausgeschlossen werden.
Hat der Arbeitgeber gegen das Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verstoßen, steht dem Betriebsrat ein Anspruch auf Unterlassung der mitbestimmungswidrigen Maßnahme zu, was in der Rechtsprechung mehrfach entschieden wurde. Hier steht dem Betriebsrat ein wirkungsvolles Instrument zur Verfügung, welches für den Arbeitgeber äußerst schmerzhaft sein kann. Daher ist bei Streikbruchprämien Vorsicht geboten.
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