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Aus- und Weiterbildung von Arbeitnehmern und Auszubildenden – Spielregeln für die Rückzahlung von Ausbildungskosten:

 

Die Anforderungen von Arbeitgebern/Betrieben ändern sich ständig. Dies bringt regelmäßig auch einen Wandel der Arbeitsplätze mit sich. Die Aus-, Fort- oder Weiterbildung steht daher in vielen Betrieben/Einrichtungen auf der Tagesordnung.

Ausbildung ist teuer: Viele Weiterbildungsmaßnahmen sind während der Arbeitszeit durchzuführen. Der Arbeitnehmer steht dann während der Teilnahme an der Fortbildung nicht für Arbeiten zur Verfügung, erhält aber weiter seine Arbeitsvergütung. Weiterbildungsmaßnahmen verbessern die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers im Betrieb, bringen aber auch für den Arbeitnehmer einen über das Arbeitsverhältnis hinausreichenden Nutzen mit sich. In vielen Fällen verbessern sich die Chancen des Arbeitnehmers auf dem Arbeitsmarkt durch hinzugewonnene Qualifikationen.

Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll und entspricht es der üblichen Praxis, dass mit dem Arbeitnehmer, der an Aus-, Fort- oder Weiterbildungsmaßnahmen auf Kosten des Arbeitgebers teilnimmt, Rückzahlungsvereinbarungen getroffen werden. Diese liegen im Regelfall im vornehmlichen Interesse des Arbeitgebers/Unternehmens. An die Wirksamkeit solcher Klauseln werden hohe Anforderungen gestellt, die nachstehend erörtert werden sollen:

 

1. Verbot von Rückzahlungsklauseln im Berufsausbildungsverhältnis

Das Berufsbildungsgesetz (BBiG) erklärt Vereinbarungen über die Verpflichtung Auszubildender, für die Berufsausbildung eine Entschädigung zu zahlen, für nichtig. Dieses Verbot umfasst die Vereinbarung der Verpflichtung zur Rückzahlung von Ausbildungskosten jedweder Art.

Entsprechend § 26 BBiG gilt dieses Verbot auch für sonstige Ausbildungsverhältnisse, die darauf gerichtet sind, eingestellten Personen berufliche Fertigkeiten, Kenntnisse, Fähigkeiten oder beruflichen Erfahrungen zu vermitteln.

So können z. B. die Kosten für den Erwerb eines Führerscheins und die Führerscheinprüfung, die im Rahmen der Berufsausbildung eines Berufskraftfahrers anfallen nicht Gegenstand einer Rückzahlungsklausel sein! Auch Kosten, die nur deshalb entstehen, weil Arbeitsplätze im Betrieb umgestaltet und die Kenntnisse/Fähigkeiten des Arbeitnehmers den geänderten betrieblichen Umständen angepasst werden müssen, können nicht unter einen Rückzahlungsvorbehalt gestellt werden (BAG, Urteil vom 16.03.1994, Az.: 5 AZR 495/92).

 

2. Überprüfung vertraglicher Rückzahlungsklauseln

Übliche Rückzahlungsvereinbarungen sehen vor, dass der Arbeitnehmer die Ausbildungskosten zurückzahlen muss, wenn er das Arbeitsverhältnis selbst innerhalb bestimmter Zeiträume kündigt. Häufig finden sich gestaffelte Bindungsfristen. So soll sich der Rückzahlungsbetrag häufig nach jeweils einem weiteren Jahr des nach Ausbildung weiterbestehenden Arbeitsverhältnisses verringern etc..

Regelmäßig werden vertragliche Rückzahlungsvereinbarungen getroffen. In erster Linie finden sich hier Vereinbarungen, die einseitig vom Unternehmen/Arbeitgeber erstellt und dem jeweils weiterzubildenden Arbeitnehmer zur Unterzeichnung vorgelegt werden. Derlei Regelungen beinhalten sogenannte „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ (AGB), die gem. §§ 305 ff. BGB einer besonderen rechtlichen Überprüfung zu unterziehen sind.

Rückzahlungsvereinbarungen werden dabei vornehmlich einer Angemessenheitskontrolle gem. § 307 BGB unterworfen. Das Bundesarbeitsgericht hat in einer jüngeren Entscheidung geurteilt, eine Rückzahlungsklausel sei unter Berücksichtigung dieses gesetzlichen Maßstabes nur möglich, wenn die Aus- und Fortbildungsmaßnahme für den Arbeitnehmer von geldwertem Vorteil ist, sei es, dass bei seinem bisherigen Arbeitgeber die Voraussetzungen einer höheren Vergütung erfüllt sind oder dass sich die erworbenen Kenntnisse auch anderweitig nutzbar machen lassen. Außerdem müssten die Vorteile der Ausbildung und die Dauer der Bindung in einem angemessenen Verhältnis zueinander stehen. Dies sei in erster Linie nach der Dauer der Aus- oder Fortbildungsmaßnahme, aber auch anhand der Qualität der erworbenen Qualifikation zu beurteilen.

Das Bundesarbeitsgericht hat insoweit eine Zeitstaffel hinsichtlich zulässiger Bindungsfristen entwickelt. Bei einer Fortbildungsdauer von bis zu einem Monat ohne Verpflichtung zur Arbeitsleistung unter Fortzahlung der Bezüge sei eine Bindungsdauer bis zu 6 Monaten zulässig, bei einer Fortbildungsdauer von bis zu 2 Monaten eine einjährige Bindung, bei einer Fortbildungsdauer von 3 – 4 Monaten eine zweijährige Bindung und bei einer Fortbildungsdauer von 6 Monaten bis zu einem Jahr keine längere Bindung als 3 Jahre. Betrage die Fortbildungsdauer mehr als 2 Jahre, komme eine Bindung des Arbeitnehmers von 5 Jahren in Betracht (BAG, Urteil vom 14.01.2009, Az.: 3 AZR 900/07).

Enthält eine vom Arbeitgeber vorgegebene vertragliche Rückzahlungsvereinbarung übermäßig lange Bindungsfristen, hat dies zur Folge, dass die gesamte Rückzahlungsvereinbarung hinfällig ist. Nur in besonderen Fällen soll ausnahmsweise eine ergänzte Vertragsauslegung in Betracht kommen, die vom Bundesarbeitsgericht aber an sehr strenge Voraussetzungen geknüpft ist (BAG, Urteil vom 14.01.2009, Az.: 3 AZR 900/07).

 

3. Praktische Auswirkungen dieser Rechtslage

Arbeitgeber sollten bei der Abfassung von Rückzahlungsvereinbarungen mit äußerster Sorgfalt vorgehen. Die jeweiligen Kosten der Weiterbildung sind präzise zu ermitteln. Dabei ist strengstens darauf zu achten, dass in eine etwaige Rückzahlungsvereinbarung keine Beträge aufgenommen werden, die tatsächlich nicht angefallen sind. Bei der Festlegung einer Bindungsdauer ist die nötige Sensibilität und Vorsicht an den Tag zu legen, da entsprechend den obigen Ausführungen eine etwas zu lang gefasste Bindungsklausel grundsätzlich zur Folge haben kann, dass die gesamte Vereinbarung hinfällig ist und der Arbeitnehmer selbst bei sofortiger Kündigung des Arbeitsverhältnisses nach erfolgreichem Abschluss der Bildungsmaßnahme nicht zur Zahlung aufgefordert werden kann.

Für Arbeitnehmer gilt, dass vor Kündigung eines Arbeitsverhältnisses innerhalb einer vereinbarten Bindungsfrist eine sorgfältige Überprüfung der Rückzahlungsvereinbarung erfolgen sollte. Nur so können Risiken einer Rückzahlungsverpflichtung ausgelotet und etwaige Handlungsstrategien entwickelt werden.

 

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