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Datenverarbeitung, Datenschutz und Mitbestimmung des Betriebsrats – Welche Reichweite haben die Betätigungsrechte des Betriebsrats im Zusammenhang mit Arbeitnehmerdaten?
Die Datenerhebung, Verarbeitung und Nutzung schreitet nicht nur in der Arbeitswelt ständig voran. Immer mehr Daten werden auch im Arbeitsverhältnis erhoben und gespeichert. Die technische Entwicklung leistet hier einen maßgeblichen Beitrag. Datenerfassungen werden immer einfacher, die Erfassungs- und Verarbeitungskapazitäten haben sich im Verlauf mehrerer Jahre ungeheuer erhöht. Auch die Verknüpfung von Daten und die Nutzung der daraus hervorgehenden Ergebnisse verstärkt sich.
Viele Arbeitnehmer stehen der technischen Entwicklung sowie den sich verändernden arbeitgeberseitigen Möglichkeiten zur Datenerhebung und –verarbeitung hilflos gegenüber. Vielfach ist hier der Betriebsrat als Interessenvertretung der Arbeitnehmer gefragt.
Dessen Befugnisse und deren Beschränkung sollen nachstehend näher beleuchtet werden:
1. Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz
Der Betriebsrat bestimmt gem. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen mit, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Es handelt sich hierbei um ein „echtes“ Mitbestimmungsrecht. Etwaige Maßnahmen in diesem Bereich dürfen vom Arbeitgeber nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Betriebsrats ergriffen werden. Wird der Betriebsrat nicht beteiligt bzw. erfolgt keine Zustimmungserklärung, ggf. in einer Einigungsstelle, haben die dem Mitbestimmungsrecht unterfallenden Maßnahmen zu unterbleiben. Die Unzulässigkeit der Datenverwendung wegen unterbliebener Mitbestimmung des Betriebsrats löst eine Erhebungs- und Verarbeitungssperre aus. Des Weiteren werden in vielen Fällen Korrekturrechte der betroffenen Arbeitnehmer begründet (BAG, Urteil vom 22.10.1986, Az.: 5 AZR 660/85).
Das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bezweckt den Schutz des einzelnen Arbeitnehmers gegen anonyme Kontrolleinrichtungen, die geeignet sind, stark in den persönlichen Bereich der Arbeitnehmer einzugreifen. Der Betriebsrat hat ein Mitbeurteilungsrecht bei der regelmäßig schwierig zu beantwortenden Frage nach der Grenze zwischen zulässigen und unzulässigen Eingriffen. Er kann darüber hinaus bei der Ausgestaltung einer Arbeitnehmerüberwachung durch technische Einrichtungen mitgestalten, wovon in den Betrieben häufig zu wenig Gebrauch gemacht wird!
Das Mitbestimmungsrecht erfasst technische Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung von Arbeitnehmern im Betrieb zu überwachen. Technische Einrichtungen sind danach regelmäßig EDV-Anlagen, Kameras, Spiegel, Mikrofone, automatische Zeiterfassungsgeräte (Zeitstempler), Fahrtenschreiber, biometrische Zugangskontrollen etc. Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats entstehen auch, wenn neue EDV-Programme/Software mit der sich daraus ergebenden Möglichkeit beschafft wird, erstmalig Benutzerdaten zu erfassen und zu speichern.
Hingegen stellen bloße Teilnehmerbefragungen und ähnliche Informationserhebungen keine „technischen Einrichtungen“ im Sinne von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG dar, da eine solche Teilnehmerbefragung keinen technischen Aspekt hat (BAG, Beschluss vom 28.01.1992, Az.: 1 ABR 41/91).
Sollten die Ergebnisse einer Kundenbefragung allerdings technisch verarbeitet werden und ließe das Ergebnis der Kundenbefragung Rückschlüsse auf das Verhalten/die Leistung einzelner Arbeitnehmer zu, wird durchaus der Mitbestimmungsbereich des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG eröffnet sein.
2. Mitbestimmung gem. § 94 Abs. 2 BetrVG
Gemäß § 94 Abs. 2 BetrVG bestimmt der Betriebsrat bei der Aufstellung allgemeiner Beurteilungsgrundsätze mit. Das BAG erfasst hier von Regelungen, die die Bewertung des Verhaltens oder der Leistung der Arbeitnehmer objektivieren oder vereinheitlichen und an Kriterien ausrichten sollen, die für die Beurteilung jeweils erheblich sind. Gegenstand der Mitbestimmung soll die Frage sein, nach welchen Gesichtspunkten der Arbeitnehmer insgesamt oder in Teilen seiner Leistung oder seines Verhaltens beurteilt werden soll (BAG, Urteil vom 18.04.2000, Az.: 1 ABR 22/99).
3. Überwachungsrechte gemäß § 80 BetrVG
Auch außerhalb der ausdrücklich im BetrVG geregelten Mitbestimmungsrechte hat der Betriebsrat weitgehende Befugnisse. Besonders zu erwähnen sind die Überwachungsrechte nach § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Der Betriebsrat hat ausweislich dieser Vorschrift darüber zu wachen, dass die zu Gunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden.
Das Überwachungsrecht des Betriebsrats bezieht sich auch auf Datenschutzgesetze, soweit deren Bestimmungen auf die Arbeitnehmer des Betriebs Anwendung finden (BAG, Beschluss vom 17.03.1987, Az.: 1 ABR 59/85)
Hier gilt aber zu berücksichtigen, dass sich aus den Überwachungsrechten des Betriebsrats keine weiteren Mitbestimmungsrechte ergeben. Im Ergebnis ist der Betriebsrat also darauf verwiesen, eine etwaige Verletzung von Gesetzen/Vorschriften durch den Arbeitgeber zu rügen und auf Abhilfe zu drängen (BAG, Beschluss vom 28.05.2002, Az.: 1 ABR 32/01). Dem Betriebsrat ist es im Anwendungsbereich von § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG verwehrt, Unterlassungsansprüche gegen den Arbeitgeber durchzusetzen. Er kann solche Ansprüche auch nicht für Arbeitnehmer gegen den Arbeitgeber erheben!
4. Handlungsmöglichkeiten des Betriebsrats
Soweit dem Betriebsrat Mitbestimmungsrechte zukommen, hat er zwingend darauf zu achten, diese auch tatsächlich wahrzunehmen. Stehen die Einführung von technischen Einrichtungen mit der Eignung zur Überwachung von Arbeitnehmern in Rede, sollte der Betriebsrat darauf hinwirken, Regelungen zur Ausgestaltung solcher Systeme und zur Handhabung derselben zu treffen. Probates Mittel hierfür ist die Betriebsvereinbarung nach § 77 BetrVG. Ist der Arbeitgeber mit vom Betriebsrat vorgeschlagenen Regelungen nicht einverstanden, kann die Einigungsstelle angerufen werden.
Bei der Ausgestaltung von Regelungen im Anwendungsbereich der oben beschriebenen Mitbestimmungsrechte sind komplexe Rechts- und Regelungsfragen zu beachten. Wir unterstützen Sie hier gerne.
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