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Digitale Vergütungsabrechnungen – worauf Arbeitgeber achten müssen:
1. Grundsätze der Vergütungsabrechnung
Arbeitnehmer erbringen die Arbeitsleistung gegen Geld, d. h. für die Zahlung von Lohn oder Gehalt. Die Arbeitsvergütung ist mit verschiedenen Abgaben belastet, so den einzelnen Sozialversicherungsbeiträgen und der Einkommenssteuer, gegebenenfalls der Kirchensteuer. Träger der Einkommens- und Kirchensteuerlast ist allein der Arbeitnehmer. Sozialversicherungsbeiträge tragen zum Teil der Arbeitnehmer, zum Teil der Arbeitgeber. Die Höhe der Lohnabzüge für Sozialversicherung und Steuern sind höchst variabel und verändern sich bei Erhöhung oder Verringerung der Vergütung, da die Sozialversicherungsbeiträge zu den jeweiligen gesetzlichen Prozentsätzen bis zur sogenannten Beitragsbemessungsgrenze zu leisten sind. Veränderungen hinsichtlich der Steuerlast ergeben sich aus den Grundsätzen der Steuerprogression des Einkommenssteuergesetzes.
Der Arbeitgeber ist zur Abführung der vom Arbeitnehmer zu tragenden Einkommenssteuer an die Finanzämter verpflichtet (Steuerabzugsverfahren gemäß §§ 38-42f EStG). Er muss auch den sogenannten Gesamtsozialversicherungsbeitrag (bestehend aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteilen) an die Krankenkasse als zuständige Einzugsstelle zahlen (§ 28 Abs. 1 SGB IV). Dementsprechend hat der Arbeitnehmer ein vitales Interesse daran, die Richtigkeit der Abrechnung der Arbeitsvergütung nachvollziehen zu können, da er nur dann Gewissheit darüber erlangt, dass der nach Abzug verbleibende und für seine persönliche Lebensführung relevante Nettobetrag „richtig“ ist.
Demgemäß bestimmt § 108 Abs. 1 der Gewerbeordnung (GewO), dass dem Arbeitnehmer bei Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung zu erteilen ist. Die Abrechnung muss Mindestangaben über Abrechnungszeitraum und Zusammensetzung des Arbeitsentgelts enthalten. Hinsichtlich der Zusammensetzung sind insbesondere Angaben über Art und Höhe der Zuschläge, Zulagen, sonstige Vergütungen, Art und Höhe der Abzüge, Abschlagszahlungen sowie Vorschüsse erforderlich.
Beachte: Gemäß § 108 Abs. 2 GewO entfällt die Verpflichtung zur Abrechnung, wenn sich die Angaben gegenüber der letzten ordnungsgemäßen Abrechnung nicht geändert haben.
Es besteht mithin keinesfalls eine Verpflichtung für Arbeitgeber, für jeden Abrechnungszeitraum (regelmäßig: Kalendermonat) eine eigenständige Abrechnung der Arbeitsvergütung zu erstellen.
2. Form der Abrechnung der Arbeitsvergütung
Auch für die Form der Vergütungsabrechnung enthält die Gewerbeordnung Vorgaben: Ausweislich § 108 Abs. 1 S. 1 GewO ist die Abrechnung in „Textform“ zu erteilen. Was darunter zu verstehen ist, beschreibt § 126b BGB. Ist durch Gesetz Textform vorgeschrieben, muss eine lesbare Erklärung, von der erklärenden Person (im Arbeitsverhältnis: der Arbeitgeber) auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden. Als dauerhafter Datenträger gilt dabei jedes Medium, das
– dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist, und
– geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben.
Daraus folgt, dass Vergütungsabrechnungen nicht zwingend in Papierform erstellt und ausgehändigt werden müssen. Zwar sind Papierdokumente dauerhafte Datenträger im Sinne von § 126b S. 1 BGB. Das gleiche gilt aber auch für elektronische Dokumente, wie z.B. eine E-Mail-Nachricht mit angehängter Abrechnung im PDF-Format.
Somit kann der Arbeitgeber seine Verpflichtung zur Vergütungsabrechnung auch dann erfüllen, wenn er eine Abrechnungsdatei per E-Mail an den Arbeitnehmer übersendet.
3. Zugang der Abrechnung beim Arbeitnehmer
Die Abrechnung der Arbeitsvergütung ist nicht bereits dann „erteilt“, wenn sie dem jeweiligen Arbeitnehmer zum Abruf in einem elektronischen Postfach zur Verfügung gestellt ist. Es wird allgemein davon ausgegangen, dass die Lohnabrechnung so auf den Weg zum Arbeitnehmer gebracht werden muss, dass sie in den sogenannten Machtbereich des Arbeitnehmers gelangt. Der Arbeitnehmer muss unter gewöhnlichen Umständen von der Erklärung Kenntnis nehmen können (LAG Hamm, Urteil vom 23.09.2021, Az. 2 Sa 179/21).
Insoweit stellt sich die Frage, ob eine ausreichende Zurverfügungstellung von Gehaltsabrechnungen durch Übersendung an einen dienstlichen E-Mail-Account oder durch Einstellen der Abrechnung in ein online-Portal oder bei einem Cloud-Dienst gegeben ist.
Hier wird anzunehmen sein, dass der gesetzlich geforderte Zugang nur dann zu bejahen ist, wenn die Abrechnung in einen digitalen Raum übermittelt wird, auf den im Hinblick auf das übermittelte elektronische Dokument nur der Arbeitnehmer Zugang hat. Dem Arbeitnehmer muss die Möglichkeit eingeräumt sein, das Dokument nach der Übermittlung abzurufen, zu speichern und gegebenenfalls auszudrucken bzw. zu löschen. Der Arbeitgeber muss im gleichen Zug diese Befugnisse nach Übermittlung in den digitalen Raum verlieren.
4. Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Mitteilung einer privaten E-Mail-Adresse?
Eine in der Praxis relevante Frage ist diejenige, ob der Arbeitnehmer dann, wenn der Arbeitgeber die ihm obliegenden Lohn- bzw. Gehaltsabrechnungen in digitaler Form übermitteln möchte, die Verpflichtung hat, eine private E-Mail-Adresse mitzuteilen, sodass der Arbeitgeber die Abrechnung an den ihm genannten Account übersenden kann. In der Rechtsprechung wird eine solche Verpflichtung von Arbeitnehmern verneint (LAG Hamm, a.a.O.; Arbeitsgericht Oldenburg, Urteil vom 02.11.2016, Az. 3 Ca 223/16). Dem folgen zahlreiche Vertreter der arbeitsrechtlichen Literatur. Aktuell wird also die autonome Entscheidung des Arbeitnehmers über die Benutzung eines privaten E-Mail-Accounts auch gegenüber einem womöglich berechtigten Interesse eines Arbeitgebers anerkannt, digitale Abrechnungen per E-Mail an den Arbeitnehmer übersenden zu wollen.
Es ist zu beachten, dass selbst die Übersendung einer Lohnabrechnung an einen nur zufällig bekannt gewordenen privaten E-Mail-Account des Arbeitnehmers ausscheiden soll. Es bedarf stets einer ausdrücklichen Zustimmung des Arbeitnehmers, die sich der Arbeitgeber idealerweise schriftlich einholen sollte.
5. Vorgaben des Datenschutzes
Lohn- und Gehaltsabrechnungen enthalten zwangsläufig personenbezogene Daten, die nach den Vorgaben der DSGVO und des Bundesdatenschutzgesetzes zu schützen sind. Die Verarbeitung solcher Daten (im Sinne der Erstellung der Lohnabrechnung, der Speicherung und Übermittlung) ist in Anbetracht der Abrechnungsverpflichtung des Arbeitgebers nach § 108 GewO gestattet, § 26 Abs. 1 BDSG). Besonderes Augenmerk ist auf die Verschlüsselung digital übertragener Daten zu richten. Diese Fragen sollten mit dem Datenschutzbeauftragten geklärt werden.
Fazit:
Bei der Einrichtung und Verwendung eines Systems zur digitalen Abrechnung der Arbeitsvergütung bestehen für Arbeitgeber zahlreiche Fallstricke, die im Vorfeld beseitigt werden müssen. In diesen Fragestellungen beraten und unterstützen wir Sie gerne.
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