Diese Website verwendet Cookies, damit wir dir die bestmögliche Benutzererfahrung bieten können. Cookie-Informationen werden in deinem Browser gespeichert und führen Funktionen aus, wie das Wiedererkennen von dir, wenn du auf unsere Website zurückkehrst, und hilft unserem Team zu verstehen, welche Abschnitte der Website für dich am interessantesten und nützlichsten sind.

Freier Mitarbeiter oder Arbeitnehmer – Was gilt in Fragen der Vergütung?
Dienstleistungen können sowohl in einem Arbeitsverhältnis als auch in einem Dienstverhältnis, welches nicht als Arbeitsverhältnis zu begreifen ist, erbracht werden. Die Ausgestaltung des Rechtsverhältnisses hat umfangreiche rechtliche Auswirkungen. So findet zum Beispiel Arbeitnehmerschutzrecht (Kündigungsschutzgesetz, Bundesurlaubsgesetz, Arbeitszeitgesetz etc.) typischerweise nur auf Arbeitnehmer Anwendung. Die Rechtsverhältnisse von sonstigen Dienstleistern werden nicht erfasst. Insbesondere können sich freie Mitarbeiter darauf nicht berufen.
Auch hinsichtlich der Vergütung bestehen erhebliche Unterschiede. Arbeitnehmer erhalten Lohn/Gehalt. Diese Arbeitsvergütung ist entsprechend den maßgeblichen arbeitsrechtlichen Gesetzen auch bei Inanspruchnahme von Urlaub (§§ 1, 11 Abs. 1 BUrlG) und bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen (§ 3 Abs. 1 EFZG) weiterzuzahlen. Bei freier Mitarbeit bestehen solche gesetzlichen Entgeltfortzahlungspflichten nicht. Diese werden üblicherweise auch vertraglich nicht vereinbart. Demgegenüber überschreitet die Vergütung freier Mitarbeit üblicherweise die Vergütung, die bei derselben Tätigkeit in einem Arbeitsverhältnis erbracht wird.
Doch wer ist Arbeitnehmer, wer freier Mitarbeiter?
Der Begriff des Arbeitnehmers ist gesetzlich nicht definiert. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist derjenige Arbeitnehmer, der aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet ist (BAG, Urteil vom 20.01.2010, Az. 5 AZR 99/09).
Das Arbeitsverhältnis zeichnet sich also gerade durch die vertragliche Verpflichtung zur Dienstleistung und die sogenannte „persönliche Abhängigkeit“ aus. Letztere ist durch Weisungsgebundenheit gegenüber dem Arbeitgeber gekennzeichnet. Freie Mitarbeiter hingegen weisen keine persönliche Abhängigkeit in dem mit dem Dienstleistungsberechtigten geschlossenen Vertragsverhältnis auf bzw. unterfallen nur einem erheblich verringerten Weisungsrecht hinsichtlich Zeit, Ort und Inhalt der zu erbringenden Leistung.
Vielfach wird der Reiz für die Begründung eines freien Mitarbeiterverhältnisses gerade darin gesehen, dass die dort zu leistende Vergütung sozialabgabenfrei ist, für Arbeitsvergütung (Lohn/Gehalt) indes Sozialabgabenpflicht besteht. Vielfach wird die Leistung freier Mitarbeiter als die kostengünstigere angesehen.
Nicht zuletzt zur Sicherung der vorstehend beschriebenen Vorteile erfolgt vielfach eine rechtsmissbräuchliche Begründung von Vertragsverhältnissen mit angeblich „freien Mitarbeitern“, die in ihrer Beschäftigung tatsächlich Arbeitnehmereigenschaften erfüllen. Zum Teil werden seitens des Dienstberechtigten auch fehlerhafte Einschätzungen zum Status des Dienstleistungsverpflichteten vorgenommen.
Ob ein zur Dienstleistung verpflichteter Arbeitnehmer oder freier Mitarbeiter ist, kann im Rahmen einer Klage auf Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft beim Arbeitsgericht geklärt werden.
Sollte das angerufene Arbeitsgericht in einem solchen Rechtsstreit feststellen, dass ein „freier Mitarbeiter“ tatsächlich „Arbeitnehmer“ war, ergeben sich häufig schwerwiegende Probleme hinsichtlich der in der Vergangenheit gezahlten und zukünftig zu zahlenden Arbeitsvergütung. Diese sollen nachstehend näher beleuchtet werden:
1. Rückzahlung überzahlter Vergütung/Honorare
Wird rückwirkend der Arbeitnehmerstatus eines freien Mitarbeiters festgestellt, kann der Dienstberechtigte/Arbeitgeber die Rückzahlung überzahlter Honorare verlangen. Mit der rückwirkenden Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft soll nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nämlich zugleich festgestellt sein, dass der Dienstverpflichtete als Arbeitnehmer zu vergüten war und ein Rechtsgrund für die Honorarzahlungen nicht bestand. Dies soll jedenfalls dann gelten, wenn bei dem Dienstberechtigten/Arbeitgeber unterschiedliche Vergütungsordnungen für freie Mitarbeiter und für Arbeitnehmer galten (BAG, Urteil vom 09.02.2005, Az. 5 AZR 175/04).
Regelmäßig werden solche Rückzahlungsansprüche seitens des verklagten Dienstberechtigten/Arbeitgebers im Rahmen einer sogenannten Widerklage im Statusfeststellungsverfahren geltend gemacht. Der Arbeitgeber kann die gezahlte Vergütung/gezahlte Honorare seinerseits zurückfordern. Andererseits hat der Arbeitnehmer selbstverständlich auch für den Zeitraum ab Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft Ansprüche auf Arbeitsvergütung. Diese Arbeitsvergütungsansprüche des Arbeitnehmers sind mit den Rückforderungsansprüchen des Arbeitgebers zu verrechnen, sodass der Arbeitgeber im Ergebnis lediglich das Honorar zurückfordern kann, welches die zu zahlende Arbeitsvergütung übersteigt.
2. Beschränkung des Zeitraums der Honorarrückforderung
Macht der Arbeitnehmer seine Arbeitnehmereigenschaft arbeitsgerichtlich geltend und wird dem Ansinnen des Arbeitnehmers entsprochen, kann der Arbeitgeber grundsätzlich innerhalb der Verjährungsgrenzen Honorar zurückfordern. Dies gilt allerdings nicht, wenn der Arbeitnehmer den Zeitraum, für den er die Arbeitnehmereigenschaft festgestellt wissen will, einschränkt. Diese Einschränkung erfasst nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts auch die Rückforderungsansprüche des Arbeitgebers!
Das BAG hatte ausgeführt, durch die Vereinbarung und Behandlung des Rechtsverhältnisses als freie Mitarbeit werde beim Mitarbeiter ein entsprechender Vertrauenstatbestand geschaffen. Erweise sich die Zusammenarbeit tatsächlich als Arbeitsverhältnis, sei dieses Vertrauen des Arbeitnehmers grundsätzlich schützenswert. Der Arbeitgeber handele rechtsmissbräuchlich, wenn er versucht, dem Mitarbeiter die erhaltenen Vorteile wieder zu entziehen. Anders liege es, wenn der Mitarbeiter selbst eine Klage erhebt und für einen bestimmten Zeitraum die Einordnung des Rechtsverhältnisses als Arbeitsverhältnis geltend mache. Damit gebe er zu erkennen, dass er das Rechtsverhältnis nicht nach den Regeln der freien Mitarbeit, sondern nach Arbeitsrecht behandelt wissen will. Wenn der Arbeitgeber entsprechend diesem Anliegen verfahre und das Rechtsverhältnis auch vergütungsrechtlich als Arbeitsverhältnis behandele, könne der Arbeitnehmer insoweit keinen Vertrauensschutz geltend machen. Der Mitarbeiter müsse sich abschließend erklären, für welche Zeit er von einem Arbeitsverhältnis ausgeht. Nur betreffend diesen von ihm gewählten Zeitraum brauche er mit einer Rückabwicklung zu rechnen (BAG, Urteil vom 08.11.2006, Az. 5 AZR 706/05).
3. Praxishinweise
Soll ein Rechtsverhältnis mit einem freien Mitarbeiter begründet werden, ist besondere Sorgfalt bei der Vertragsgestaltung zu wahren. Ferner ist darauf zu achten, dass das Rechtsverhältnis eines „freien Mitarbeiters“ auch entsprechend „gelebt“ wird. Deutet der Vertrag auf freie Mitarbeit, ist der zur Dienstleistung verpflichtete aber tatsächlich eng in die betrieblichen Abläufe eingegliedert, besteht immer die Gefahr, dass tatsächlich ein Arbeitsverhältnis begründet wurde und zu einem späteren Zeitpunkt Klagen beim Arbeitsgericht erfolgen!
Im Rahmen einer Statusfeststellungsklage müssen sowohl etwaige Arbeitgeber als auch vermeintliche Arbeitnehmer sehr sorgsam erwägen, wie sie mit der Frage der Rückforderung/Nachforderung von Vergütung umgehen. Hier unterstützen wir Sie gerne.
Kategorien und Themen
- Allgemein (5)
- Arbeitsrecht (163)
- Betriebsverfassungsrecht (38)
- Insolvenzrecht (1)
- Gebühren / Kosten (2)
- Gesellschaftsrecht (4)
- Sozialrecht (1)
- Rentenrecht (1)
- Zivilrecht (2)