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Glatteis, Schneefall, heftiger Wintereinbruch – Was gilt bei verspäteter Arbeitsaufnahme?

 

Dem Winter gelingt es nahezu jedes Jahr wieder, zur allgemeinen Überraschung mit großer Macht herein zu brechen. Auch die Folgen sind wiederkehrend:

 

Große Teile des Verkehrs kommen zum Erliegen, Wege lassen sich nur schwer zurücklegen, Arbeitnehmer kommen zu spät oder gar nicht zur Arbeit.

 

Damit sind verschiedene Fragen verbunden, denen wir nachstehend im einzelnen Nachgehen:

 

1. Muss der Arbeitsplatz aufgesucht werden?

Der Arbeitsvertrag verpflichtet den Arbeitnehmer, die Arbeit auch tatsächlich zu erbringen. Dies gilt nur dann nicht, wenn ein anerkannter Hinderungsgrund vorliegt. Ein solcher findet sich zum Beispiel in krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit, Urlaub sowie Arbeitskampf. Wintereinbruch bzw. Verkehrserschwernisse befreien von der Pflicht zum Antreten der Arbeit in keiner Weise!

Der Arbeitnehmer muss alles ihm zumutbare tun, auch bei widrigen Wetterbedingungen den Arbeitsplatz zu erreichen. Ist ein gewohntes Mittel des öffentlichen Nahverkehrs (Bus, Bahn etc.) ausgefallen, obliegt es dem Arbeitnehmer, andere Wege zu finden. Soweit möglich muss er den PKW, das Fahrrad oder sonstiges nutzen bzw. an Fahrgemeinschaften oder einem arbeitgeberseitig organisierten Personentransport teilnehmen.

 

2. Ist witterungsbedingt ausgefallene Arbeitszeit zu vergüten?

Diese Frage ist grundsätzlich zu verneinen. Das Arbeitsverhältnis ist rechtlich betrachtet ein Austauschverhältnis. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Arbeitsvergütung für die erbrachte Arbeit zu leisten. Es gilt der Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“. Arbeitsvergütung ohne entsprechende Arbeitsleistung ist nur dann zu gewähren, wenn dies ausdrücklich gesetzlich, arbeits- oder tarifvertraglich vorgesehen ist. So gibt es Ansprüche auf Vergütungszahlung für den Fall der Arbeitsunfähigkeit (§ 3 Entgeltfortzahlungsgesetz), Inanspruchnahme von Urlaub (§ 11 Bundesurlaubsgesetz) und bei sonstigen persönlichen Verhinderungsgründen (§ 616 BGB).

Witterungsbedingte Unmöglichkeiten der Arbeitsaufnahme sind davon sämtlichst nicht erfasst. Dies entspricht auch einhelliger Auffassung des Bundesarbeitsgerichts.

Verhindert ein Wintereinbruch also die Arbeitsaufnahme, ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, den Arbeitsausfall zu vergüten.

 

3. Muss die ausgefallene Arbeit nachgeholt werden?

Im Regelfall besteht keine Verpflichtung „nachzuarbeiten“. In rechtlicher Hinsicht wird die Arbeitsleistung als „Fixschuld“ begriffen. Sie kann nur zu der vertraglich vorgesehenen Zeit erbracht werden. Ist der vorgesehene Zeitraum abgelaufen, wird die Arbeitsleistung unmöglich.

Sonderregelungen können sich aus dem Arbeitsvertrag ergeben. Insbesondere ist hier auf Fallkonstellationen abzustellen, in denen ein Arbeitszeitkonto besteht und Arbeitnehmer Gleitzeit in Anspruch nehmen können. Derartige Arbeitszeit-Ausgleichsmodelle lassen es zu, den Zeitpunkt der Arbeitsleistung zu verlagern. Dies hat dann selbstverständlich aber auch zur Folge, dass dann für den Zeitraum der Nacharbeit die reguläre Arbeitsvergütung zu zahlen ist!

 

4. Kommt eine Abmahnung/eine Kündigung in Betracht?

Eine Abmahnung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen hat. Dies muss grundsätzlich vorsätzlich oder fahrlässig geschehen sein.

Erscheint der Arbeitnehmer aufgrund von Umständen, die er nicht beeinflussen kann, verspätet oder nicht zur Arbeit ist dies häufig gerade nicht von Vorsatz oder Fahrlässigkeit getragen und damit nicht schuldhaft.

Unterlässt der Arbeitnehmer aber die zumutbare Nutzung anderweitiger Verkehrsmittel oder vereitelt er in anderer Weise den Arbeitsantritt, kann auf eine derartige Pflichtverletzung auch mit einer Abmahnung reagiert werden.

Dasselbe gilt für eine (verhaltensbedingte) Kündigung. Sie knüpft ebenfalls an Pflichtverletzungen an. Regelmäßig ist vor jeder verhaltensbedingten Kündigung aber eine einschlägige Abmahnung erforderlich.

Hier empfiehlt es sich, die Berechtigung einer Abmahnung oder gar einer Kündigung in jedem Einzelfall sorgfältig überprüfen zu lassen.