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Hinzuverdienstgrenzen bei Renten
Gemäß §§ 34, 96 a SGB X besteht ein Anspruch auf volle Renten wegen Alters vor Vollendung des 65. Lebensjahres und auf volle Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit nur, wenn die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten wird. Die Höhe der Hinzuverdienstgrenzen ist jeweils in Absätzen 3 der beiden Vorschriften definiert. Zum Hinzuverdienst werden nach der gesetzlichen Regelung Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen berücksichtigt. Nicht jede Überschreitung lässt gleich den Anspruch auf die Vollrente entfallen, ein zweimaliges Überschreiten kann unschädlich sein.
1. Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen
Was unter dem Begriff „Arbeitsentgelt“ und „Arbeitseinkommen“ zu verstehen ist, ist den allgemeinen Normen der §§ 14 und 15 SGB IV zu entnehmen. Arbeitsentgelt ist vor allem der aus einer unselbständigen Tätigkeit erzielte Lohn, Arbeitseinkommen der nach den allgemeinen Gewinnermittlungsvorschriften des Einkommensteuerrechts ermittelte Gewinn aus einer selbstständigen Tätigkeit. Einkommen ist dann als Arbeitseinkommen zu werten, wenn es als solches nach dem Einkommensteuerrecht zu bewerten ist. Das BSG hat in ständiger Rechtsprechung dazu entschieden, dass der Begriff der selbstständigen Tätigkeit im Sinne des § 15 SGB IV alle typischerweise mit persönlichem Einsatz verbundenen Einkunftsarten erfasst. Nach dem Katalog des § 2 Abs.1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 EStG sind dies Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft (§ 13 EStG), Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG), Einkünfte aus selbstständiger Arbeit (§ 18 EStG) sowie diesen gleichgestellte Einkünfte. Dabei ist grundsätzlich von einer Parallelität von Sozialversicherungsrecht und Einkommenssteuerrecht auszugehen (BSG vom 7. Oktober 2004 – B 13 RJ 13/04 R; 17. Februar 2005 – B 13 RJ 43/03 R; 3. Mai 2005 B 13 RJ 8/04 R; 30. März 2006 – B 10 KR 2/04 R). Abweichungen sind nur in Ausnahmefällen zu berücksichtigen, denn es war gerade die Absicht des Gesetzgebers, mit der Neufassung des § 15 SGB IV ab dem 1. Januar 1995 diese Parallelität aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung herzustellen.
Einschränkungen hat dieser Grundsatz durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts erhalten, als jedenfalls dann nicht auf die Feststellung der Finanzverwaltung zurückzugreifen ist, wenn der Betroffene gegen die Richtigkeit der tatsächlichen Feststellung oder steuerrechtlichen Bewertung des Finanzamts schlüssige und erhebliche Einwendungen erhebt (BSG vom 30. März 2006 – B 10 KR 2/04 R). Weiter findet die Parallelität zum Einkommensteuerrecht dort ihre Grenzen, wo auch steuerrechtlich gerade keine selbstständige Tätigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 EStG zugrunde liegt oder keine eigene selbstständige Tätigkeit vorliegt.
Bei einer Betriebsaufspaltung, bei der bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung wegen der personellen Verflechtung zwischen Besitz und Betriebsunternehmen Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliegen, ist entschieden worden, dass es sich insoweit um Arbeitseinkommen im Sinne des § 15 SGB IV handelt (BSG vom 13. September 1997 – 4 RA 122/95; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 17.02.2012, Az. L 2 R 524/10).
Die zeitliche Verzögerung der Verrechnung von Verlusten aus gewerblichen Einkünften nach § 15 a EStG ist aufgrund der gesetzlich angeordneten Parallelität zwischen Einkommensteuer- und Sozialrecht hinzunehmen (Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 17.02.2012, Az. L 2 R 524/10). Das Gleiche gilt für den Fall der Ansparabschreibung (LSG Niedersachsen-Bremen vom 30. Mai 2007 – L 2 Kn 12/07).
Der Hinzuverdienst ist monatlich zu betrachten. Bei der Erzielung von Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 SGB IV kommt eine Zusammenrechnung der Einkünfte und jährliche Betrachtung nicht in Betracht. Etwas Anderes gilt für das Einkommen von Selbständigen. Arbeitseinkommen ist grundsätzlich für ein Jahr zusammenzurechnen und daraus der monatliche Durchschnitt zu bilden.
2. priviligierte Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze
Nach §§ 34 II, 96 a II SGB VI wird die Hinzuverdienstgrenze nicht überschritten, wenn das Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus einer Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit oder vergleichbares Einkommen im Monat die in Absatz 3 genannten Beträge nicht übersteigt, wobei ein zweimaliges Überschreiten um jeweils einen Betrag bis zur Höhe der Hinzuverdienstgrenze nach Absatz 3 im Laufe eines jeden Kalenderjahres außer Betracht bleibt.“
Insbesondere ist die Anwendung der Ausnahmeregelung des § 34 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 SGB VI nicht auf Sonderzahlungen, wie Weihnachts- oder Urlaubsgeld, begrenzt (BSG, Urteil vom 31.01.2002, Az. B 13 RJ 33/01 R).
Wird Arbeitsentgelt nach Stunden bezahlt, so dass der im Vergleich zu den Nachfolgemonaten erhöhte Verdienst aus Mehrarbeit resultiert, ist die Überschreitung der Hinzuverdienstgrenze aus diesem Grund ein Anwendungsfall des § 34 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 SGB VI (BSG, Urteil vom 31.01.2002, Az. B 13 RJ 33/01 R).
Der Anwendung von § 34 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 SGB VI für April 2005 steht nicht entgegen, dass die Überschreitung der Grenze gleich im ersten Monat der Beschäftigung eintritt und vorher kein Hinzuverdienst erzielt worden ist. § 34 Abs. 2 Satz 2 SGB VI sagt über einen im Vormonat des Überschreitens erzielten Verdienst nichts aus (ebenso Landessozialgericht – LSG – Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 12.08.2009, Az. L 2 R 271/09; zur Parallelvorschrift des § 96a Abs. 2 SGB VI: LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 21.01.2010, Az. L 3 R 1350/06, Rn. 39; SG Kassel, Urteil vom 27.04.2010, Az. S 6 R 60/07, Rn. 37; SG Dresden, Urteil vom 24.01.2011, S 37 R 296/08).
Mit Urteil vom 06.02.2007 (Az. B 8 KN 3/06 R; juris) hat das BSG zu § 96a Abs. 1 SGB VI allerdings entschieden, dass ein privilegiertes Überschreiten nicht vorliegt, wenn bereits im jeweiligen Vormonat der Hinzuverdienst über derselben Hinzuverdienstgrenze liegt (BSG a.a.O. Rn. 24, dort ausdrücklich als „Vormonatsprinzip“ bezeichnet). Mit Urteil vom 26.06.2008 (Az. B 13 R 119/07 R) hat sich das BSG dieser Rechtsprechung auch zu § 34 Abs. 2 SGB VI angeschlossen. Danach ist die Prüfung, ob ein (privilegiertes) Überschreiten der Hinzuverdienstgrenze vorliegt, nach der im Vormonat eingehaltenen Hinzuverdienstgrenze auszurichten (BSG a.a.O. Rn. 24).
In der Rechtsprechung des BSG ist ungeklärt, was in dem Fall gilt, dass in zwei aufeinanderfolgenden Monaten die Hinzuverdienstgrenze überschritten wird, der Verdienst anschließend darunter sinkt und es später im gleichen Kalenderjahr zu weiteren Überschreitungen kommt. Nach SG Dresden, Urteil vom 24.01.2011, S 37 R 296/08 kommt die Ausnahmeregelung des § 34 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 SGB VI trotzdem zur Anwendung kommt. Ein anderes Verständnis des sog. „Vormonatsprinzips“ ließe sich nach Auffassung dieses Gerichts nicht mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG vereinbaren. Sonst würde ein Versicherter, der in zwei aufeinanderfolgenden Monaten die einfache Hinzuverdienstgrenze überschreitet, im zweiten Monat der Überschreitung nur eine gekürzte Rente erhalten. Würde demgegenüber die Hinzuverdienstgrenze nicht in zwei aufeinanderfolgenden Monaten überschritten, käme § 34 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 SGB VI zur Anwendung. Ein sachlicher Grund, diese beiden Fälle unterschiedlich zu behandeln, ist nicht ersichtlich (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen a.a.O. Rn. 57).
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